SC Freiburg: Learning By Doing

SC Freiburg: Learning By Doing

Wie der Verein junge Talente über den Fußball mit der Gesellschaft verbindet

Von Luca Wodtke

Der SC Freiburg ist der führende Bundesligist, wenn es darum geht, wie lange er die eigene Jugend in Profispielen spielen lässt. In der Hinrunde der Saison 2017/2018 ließ Freiburg seine Jugend 4938 Minuten in der Liga spielen – mehr als jeder andere der 18 Bundesligisten. Das zeigt, dass Freiburg verstanden hat, dass „Learning-by-Doing“ für junge, engagierte und loyale Menschen, die ihrem Arbeitgeber helfen wollen, essentiell ist.

Auch wenn er nicht direkt aus der Freiburger Jugendakademie kommt, hatte Youngster Roland Sallai großen Anteil am ersten Sieg der Mannschaft in der Saison 2018/2019. Der 21-jährige ungarische Stürmer erzielte in seinem ersten Spiel sein erstes Tor für sein Team und ebnete damit den Weg zum 3:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg.

Doch wie kam das Talent zu einem Verein im Süden Baden-Württembergs? Im Jahr 2009 schloss sich Sallai dem ungarischen Erstliga-Profiverein Videoton FC Szekesfehervar an. Damals geriet der damals 12-Jährige erstmals auf das Radar des SC Freiburg. Auf seinem Weg zum Bundesligisten spielte Sallai unter anderem für europäische Teams wie US Palermo und APOEL Nikosia.

 

Ein erst 21-jähriger Ungar, der für eine süddeutsche Fußballmannschaft Tore schießt – das ist Internationalismus

 

Als Verein, der schon immer dafür bekannt war, bescheiden und akzeptierend zu sein, war es nicht überraschend, dass Trainer Christian Streich seine Meinung zum aktuellen Flüchtlings- und Migrantenstrom nach Deutschland äußerte. Auf einer Pressekonferenz im September sagte Streich, dass er von den Profivereinen der Bundesliga eine aktive Haltung gegen Rassismus und Diskriminierung erwartet. Ein Mensch ist ein Mensch, egal wo er herkommt.

Nach dieser sehr positiven Grundhaltung gegenüber Integration und Akzeptanz ist es interessant, hinter die Kulissen zu schauen und zu verstehen, wie ein Verein wie der SC Freiburg Spieler willkommen heißt und was getan wird, damit sie sich in dem Land, in dem sie spielen, wohl fühlen.

Hier kommt die pädagogische Leiterin der Fußballakademie des SC Freiburg, Stefanie Nerling, ins Spiel. Sie kümmert sich um eine reibungslose Integration der Spieler in den Verein und in das deutsche Leben und ist seit der Gründung der Fußballschule des SC Freiburg im Jahr 2001 dabei. Sie ist Teil eines 40-köpfigen Teams, das von Profis bis hin zu nebenberuflichen Lehrern reicht, die in ihrer Freizeit Jugendmannschaften trainieren.

Nerling: „Ich habe vor mehr als 20 Jahren angefangen, im Profiteam zu arbeiten und war als freiberuflicher Lehrer für Deutsch als Fremdsprache tätig. Wir haben schnell gesehen, dass Integration nicht nur über den Sprachunterricht läuft. Um richtig bei der Integration zu helfen, wurde ich fest eingestellt, zunächst in Teilzeit als Deutschlehrer und eine Art Integrationsbegleiter.“

Da die Spieler tagtäglich in einem deutschen Umfeld leben und interagieren, lernen die Spieler die Sprache recht schnell. Stefanie Nerling sagt, dass nicht mehr als 2-3 Stunden pro Woche Zeit für den Deutschunterricht zu Hause bleibt. „Die Integration in den Alltag, das Training und die Regeneration nehmen die meiste Zeit in Anspruch. Aber dadurch, dass wir viel mit Videos, Bildern und so weiter machen, ist es auch ohne fließendes Deutsch leicht zu verstehen, was der Trainer erwartet.“

Die Motivation, Deutsch zu lernen, ist da

Ein wichtiger Motivationsfaktor ist das Interesse der Familien der Spieler, die Sprache zu lernen. Vor allem Ehefrauen sind begeistert, oft mehr als ihre Ehemänner. „Wir unterrichten oft Paare gemeinsam. Die meisten Ehefrauen haben, je nachdem, woher sie kommen, keine Arbeitserlaubnis, wenn sie nach Deutschland kommen, also haben sie die Zeit und den Drang, etwas zu lernen und zu tun. Die Frau von Roland Sallai hat zum Beispiel gerade Hefte und Mappen gekauft, um das Lernen zu verbessern.“

Wenn ein Spieler verletzt und demotiviert ist, sagt Stefanie Nerling, dass es wichtig ist, dem Spieler Mut zu machen und sich für ihn zu interessieren, aber dass sie sich niemals in die Entscheidungen des Fußballvereins einmischen könnte – diese Entscheidungen sind nur vom Trainer zu erklären. Was den Unterricht angeht, „ist es wichtig, den Fußball nicht absichtlich zu ignorieren, wenn man die Spieler unterrichtet, aber das aktuelle Spiel muss nicht das Hauptthema jeder Unterrichtsstunde sein. Ich wechsele das Thema nicht zum Wetter, sondern suche mir einfach spielfremde Themen, zum Beispiel die EM-Bewerbung von Deutschland.“

Junger ungarischer Spieler Sallai in Freiburg

In Bezug auf den Umgang mit jungen Menschen, die schon so viel erlebt haben, gibt Stefanie Nerling zu bedenken: „Fußball ist ein Sport, der eine wahnsinnige soziale Bandbreite hat. Manche haben schon viel erlebt, manche kommen aus dem Schwarzwald. Was Roland Sallai betrifft, so war er schon von klein auf sehr selbstständig. Er war im Internat, hat so oft den Verein gewechselt, und er ist attraktiv für andere Mannschaften. Trotzdem ist er sehr sensibel. Er vermittelt nicht das Gefühl, dass er uns einen Gefallen tut, wenn er zu Freiburg, einem Verein im Süden Deutschlands, geht. Aber jeder Mensch ist anders, darauf muss man sich einstellen und vorbereitet sein.“

Als wir mit Stefanie Nerling sprachen, bereitete sie gerade eine ihrer Deutschstunden vor: „Heute Morgen bin ich in der Fußballakademie, aber ich bereite gerade einige Inhalte für Roland Sallai vor. Ich treffe ihn heute Nachmittag zu einer Unterrichtsstunde.“

In seiner bodenständigen Art hat es der SC Freiburg geschafft, sportlichen Erfolg und Ausbildung zu verbinden und seinen Spielern eine reibungslose Integration zu ermöglichen. Das zeigt, dass sie verstanden haben, dass unabhängig vom sportlichen Erfolg die Integration der Schlüssel ist, um sich willkommen zu fühlen.

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VfB Stuttgart Akademie präsentiert sich

VfB Stuttgart Akademie präsentiert sich

Zwischen roten und weißen Fahnen, umgeben von Fußballfeldern: Hier finden Sie den idealen Ort zum Studieren.
Die VfB Stuttgart Akademie präsentiert sich in einem Pitch.

Von Luca Wodtke

Die Idee für eine eigene VfB Akademie wurde geboren

Die VfB Stuttgart Akademie wurde zunächst mit Blick auf den Verein selbst gegründet. Der Grundgedanke war, jungen Sportlern sowie Lizenzspielern des VfB Stuttgart die Möglichkeit zu schaffen, sich während ihrer sportlichen Laufbahn ein zweites berufliches Standbein aufzubauen. Gerade vor dem Hintergrund, dass nur etwa 2-3 Prozent der Nachwuchsspieler den Sprung in eine Profikarriere im Fußball schaffen, erhält dieses Angebot seine besondere Relevanz. Entscheiden sich Nachwuchskicker neben ihrer beruflichen Ausbildung beim VfB Stuttgart für eine berufsbegleitende Weiterbildung, fehlte es in der Vergangenheit oft an geeigneten Angeboten. Bestehende Angebote auf dem freien Markt bieten oft nicht die zeitliche und örtliche Flexibilität, die Profisportler brauchen, um Beruf und Ausbildung unter einen Hut zu bringen – das gilt für den Fußball und viele andere Sportarten. Deshalb hat der Verein ein eigenes Anforderungsprofil entwickelt und sich auf die Suche nach geeigneten Partnern gemacht.

Partner – wer sie sind, wie sie entstanden sind und warum sie wichtig sind

Das Ergebnis ist ein Netzwerk für Bildung, das nicht nur Sportlern, sondern allen Interessierten viele Möglichkeiten bietet, das Angebot der VfB Stuttgart Akademie zu nutzen und dabei besonders auf die Bedürfnisse von Profis zu achten. Das überzeugte auch die Allianz AG, die die Akademie nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch direkt mit ihrem Know-how im Bereich der Aus- und Weiterbildung zur Seite steht. Der weltweit tätige Versicherer bietet den Akademie-Teilnehmern unter anderem mehrwöchige, zeitlich flexible Praktika an, um ihnen einen ersten Einblick in den Arbeitsalltag bei der Allianz zu geben.

Wir sind stolz darauf, neben der Allianz AG auch das Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. und die Stuttgarter Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule zu unseren Partnern zu zählen. Beides sind Bildungseinrichtungen, mit denen der VfB Stuttgart bereits erfolgreich mit Realschülern kooperiert und wichtige Erfahrungen für die Akademie gesammelt hat.

Neben der Allianz AG als Träger der Akademie engagieren sich unter dem Dach der VfB Stuttgart Akademie auch die Daimler AG, die IHK Region Stuttgart und die Handwerkskammer Stuttgart. Alle gemeinsam – Bildungseinrichtungen und Unternehmen – verfolgen das Ziel, hoch motivierte Fachkräfte für die heimische Wirtschaft auszubilden.

Wie man sich anmeldet

Jeder Kurs hat einen Link zur direkten Anmeldung bei den kooperierenden Hochschulen. Jeder Bildungspartner hat eigene Kriterien für die Einschreibung der Studierenden, die im direkten Austausch zwischen dem Studieninteressenten und der Hochschule besprochen werden. Der Student wird nach erfolgreicher Einschreibung in einen Studiengang Teilnehmer der VfB Stuttgart Akademie und kann so von den zahlreichen Vorteilen profitieren.

Press day at VfB Stuttgart Akademie

 

Unsere innovativen Programme

Mit der SRH Fernhochschule – der mobilen Hochschule, der BW Business School und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) garantieren drei erfahrene Hochschulen ein erstklassiges Angebot an berufsbegleitenden und Vollzeitstudiengängen. Die Auswahl der Studiengänge ist ein bewusst gewählter Mix aus allgemeinen Studiengängen wie Betriebswirtschaftslehre oder Psychologie, sportbezogenen Studiengängen wie Sportmanagement oder Gesundheitsökonomie sowie Zukunftsthemen, die sich zum Beispiel im Studiengang „Digital Transformation Management“ an der BW Business School wiederfinden. Damit soll sichergestellt werden, dass sowohl Studenten, die einen sportbezogenen Beruf anstreben, als auch Leistungssportler, die über den Sport hinaus eine zweite berufliche Karriere suchen, in den Angeboten der Akademie fündig werden. Mit ihrem Portfolio an Zertifikatskursen schafft die VfB Stuttgart Akademie gemeinsam mit den Hochschulen die Möglichkeit, Stück für Stück ECTS-Punkte zu erwerben, die später auf einen entsprechenden Studiengang angerechnet werden können.

Ein besonderes Highlight ist der Studiengang „MBA Leadership and Sports Management“, kurz „VfB Master“, der von der HfWU Nürtingen-Geislingen angeboten wird und nur in Kooperation mit der VfB Stuttgart Akademie studiert werden kann. In die inhaltliche Vorbereitung und Durchführung des Studiengangs sowie in das Rahmenprogramm der Akademie sind auch Experten des VfB Stuttgart eingebunden. Mit ihrem exklusiven Rahmenprogramm, das allen offen steht, die eines der Bildungsangebote nutzen, schafft die VfB Stuttgart Akademie einen echten Mehrwert. Akademie-Teilnehmer können so von dem umfangreichen VfB-Netzwerk profitieren und gleichzeitig mit anderen Akademie-Teilnehmern in Kontakt und Austausch treten.

Sie sind kein Sportler? Kein Problem!

Selbstverständlich steht das umfangreiche Bildungsprogramm der VfB Stuttgart Akademie allen Personengruppen offen. Arbeitssuchende, die sich berufsbegleitend weiterbilden wollen, oder Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter passende Weiterbildungsmöglichkeiten suchen, möchten wir mit gezielten Angeboten unterstützen.

Studieren und Arbeiten – möglich an der VfB Stuttgart Akademie

Durch die flexible Gestaltung der Kurse in Teil- oder Vollzeit ist das Studium besonders für Studenten geeignet, die neben dem Studium arbeiten wollen.

 

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Jugendakademien der Bundesliga

Jugendakademien der Bundesliga

Wie sieht eine Bundesliga-Fußballakademie heute, im Jahr 2020, aus? Ein Blick in die Akademie des VfB Stuttgart.

Von Luca Wodtke
Junge Talente sind unsere Zukunft. Das hat der deutsche Fußball erst nach einem sehr enttäuschenden Abschneiden bei der Europameisterschaft 2000 erkannt. Bis 2002 wurden 500 Millionen Euro in den Neuaufbau der Jugendarbeit in der Bundesliga investiert. Die strenge Regeländerung zwingt alle 36 lizenzierten Erst- und Zweitligisten, Jugendakademien zu betreiben. Betreibt ein Verein keine Jugendakademie, verliert er seine Lizenz und kann damit nicht mehr in den höchsten Spielklassen der Bundesliga spielen. Heute betreiben neben den 36 Erst- und Zweitligisten auch zehn Vereine in der dritten Liga und neun Vereine in den Regionalligen eine anerkannte Jugendakademie. Neben der sportlichen Ausbildung der Jungen sind die Akademien auch ein Zuhause, von dem vor allem die jüngsten Talente profitieren.

Stuttgart, die Stadt, in der Mercedes-Benz und Porsche ihren Ursprung haben, liegt im Süden Deutschlands im Bundesland Baden-Württemberg. Der größte Fußballverein der Stadt ist der VfB Stuttgart, der in dieser Saison in der zweiten Liga der Bundesliga spielt. Der VfB Stuttgart steht für eine nachhaltig erfolgreiche Jugendarbeit. Aktuell sind mehr als 100 Spieler, die über drei Jahre in den Jugendmannschaften des Vereins ausgebildet wurden, in den höchsten europäischen Profiligen aktiv. Mit Spielern wie Sami Khedira, Mario Gomez, Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich, Timo Werner und Serge Gnabry kommen einige Weltklassespieler aus der Region und spielen in den großen europäischen Wettbewerben. Selbst Arsenal-Erstliga-Torhüter Bernd Leno kam aus der Stuttgarter Akademie.

Heute wird das Nachwuchsleistungszentrum von Rainer Mutschler geleitet, einem Mann, der sich seit vielen Jahren in den verschiedensten Sportarten engagiert. 1988 war er Cheftrainer des Deutschen Skiverbandes. Von 2000 bis 2017 arbeitete Mutschler als Geschäftsführer der VfB Marketing GmbH und saß im erweiterten Vorstand des Vereins. Er arbeitete 17 Jahre lang erfolgreich im Mercedes-Benz Stadion und verhalf dem Verein zu großen Vermarktungserfolgen. Nach seiner Zeit im Fußball wechselte Mutschler in die Deutsche Eishockey Liga, wo er beim Zweitligisten Towerstars Ravensburg als Leiter Marketing und Sponsoring tätig war. 2019 kehrte er nach Stuttgart zurück, auf Wunsch des Vereinsbeirats, der Mutschler als Mitglied des Präsidiums haben wollte. Doch es kam anders: Der 60-Jährige wurde auf Wunsch des ehemaligen deutschen Nationalspielers Thomas Hitzelsperger Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des VfB.

Mit dem so genannten Erweiterten Talentförderprogramm, das alle Profifußballvereine in Deutschland dazu verpflichtet, eine anerkannte Jugendakademie zu betreiben, wurde 2002 auch eine weitere neue Regel eingeführt: Alle Akademien der 36 Erst- und Zweitligisten müssen dafür sorgen, dass zu jedem Zeitpunkt mindestens 12 Jungen in ihrem Kader für die deutsche Nationalmannschaft spielberechtigt sind. Diese Regelung wird mit jährlich 80 Millionen Euro beibehalten und hat dafür gesorgt, dass etwa zwei Drittel aller Jugendspieler der Bundesliga für die deutsche Nationalmannschaft spielen können.

Entsprechend dieser Regel sagt Mutschler, dass „der [VfB] sich als Nachwuchsschmiede im Wesentlichen auf heimische Talente konzentriert, in den jüngeren Altersklassen ’nur‘ auf lokale und regionale Talente“. Die jüngeren Altersklassen, die er damit meint, sind die U11 bis U16. Der Verein ist der Meinung, dass diese jungen Spieler nicht in einem so jungen Alter zentralisiert werden sollten. Das bedeutet, sie von ihren Familien zu trennen und sie zu bitten, quer durch das Land zu ziehen. „Ein weiterer Grund, warum wir uns in den Jugendmannschaften nur auf regionale Talente konzentrieren, ist, dass wir davon überzeugt sind, dass wir genügend Talente aus der Metropolregion Stuttgart/Mittlerer Neckar haben. Internationale Talente berücksichtigen wir nur im Leistungs- und Ãœbergangsbereich [U17-U21]“, sagt Mutschler. Der Schritt, nach internationalen Talenten zu scouten, wird dann vollzogen, wenn in den eigenen jüngeren Jahrgängen des VfB nicht genügend Ausnahmespieler herangewachsen sind. Das kommt aber nur selten vor.

Die Hauptsprache der Schulen, die die Jungs besuchen, ist Deutsch. Da es sich bei den VfB-Talenten in der Jugendakademie überwiegend um einheimische Talente handelt, ist das Ãœbersetzen für Rainer Mutschler und sein Team kein Problem. „Deutsch ist die Sprache unserer Jugendakademie. Ãœbersetzer sind im Nachwuchsbereich nicht nötig, das wird nur in der ersten Phase im Profibereich bei ausländischen Neuverpflichtungen, die keine Deutschkenntnisse haben, praktiziert. Englisch ist auch immer eine Option, aber wir ziehen es vor, alles auf Deutsch zu halten“.

Es gibt so viele junge Burschen, die es in den Profibereich schaffen wollen. In einer Jugendakademie ist es die Aufgabe der Mitarbeiter, den Allround-Spieler zu finden, der der Mannschaft in allen Belangen nützt. „Das wollen wir durch intelligentes Scouting erreichen, das nicht nur die sportlichen, sondern auch die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten betrachtet und testet“, erzählt Mutschler. Bei den ganz jungen Talenten, unter 14 Jahren, wird persönlich gescoutet. Für die älteren Talente, die bereits zwischen verschiedenen Fußballmannschaften hin- und hergereist sind, kann eine Technologie, die die Statistiken eines Spielers anzeigt, dabei helfen, die Spieler zu finden, die die größte Bereicherung für eine Mannschaft sein werden. „Fußballspieler werden Vorbilder sein. Der perfekte Spieler muss heute in der Lage sein, die Mannschaft gut zu repräsentieren. Das bedeutet, dass wir uns beim Scouting alle Aspekte eines Spielers ansehen. Dazu gehören auch Familien- und Umfeldbesichtigungen und ausführliche persönliche Gespräche mit Spielern und Eltern“.

Im Januar 2007 öffnete das VfB-Jugendinternat seine Pforten. Heute leben 22 der 150 schulpflichtigen Talente in diesen Räumen, ganz in der Nähe der prestigeträchtigen Mercedes-Benz Arena. Oliver Otto leitet das Internat mit drei Sozialpädagogen, einem Koch, einer Hauswirtschafterin und acht Lehrern. So wird den Talenten ein Umfeld geboten, das auf ihre Entwicklung als Sportler, Schüler und Mensch zugeschnitten ist. Die Zusammenarbeit mit der Schule wurde in den letzten Jahren ausgebaut, was dazu führte, dass der VfB zusätzliche Unterkünfte in der Nähe des Stadions anmietete. Für einige Spieler ist jedoch die familiäre Geborgenheit besonders wichtig. Gastfamilien stellen daher eine weitere wichtige Form der Unterbringung dar. Der VfB arbeitet mit verschiedenen Familien zusammen, die ganz in der Nähe des Vereinsgeländes wohnen und die Spieler in ihren Familienalltag integrieren. „Talente, die bei uns ‚wohnen‘, sei es im Voll- oder Teilzeitinternat, werden von uns voll unterstützt. Dazu gehört die schulische, persönliche und sportliche Ausbildung und Entwicklung. Hierfür setzen wir verschiedene Pädagogen ein: Sozialpädagogen, Team- und Internatsbetreuer. Außerdem haben alle Trainer eine pädagogische Grundausbildung“, sagt Mutschler.

Das 2002 eingeführte Jugendförderungsprogramm sorgte auch dafür, dass in jedem Verein eine ausreichende Anzahl qualifizierter Mitarbeiter beschäftigt wurde. Außerdem wurde festgelegt, dass jeder der 36 Erst- und Zweitligavereine mit den örtlichen Schulen zusammenarbeiten muss, um sicherzustellen, dass die jungen Spieler in allen Lebensbereichen umfassend gefördert werden. „Im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung werden verschiedene soziale und gesellschaftspolitische Veranstaltungen besucht und Themen behandelt, um den Horizont der Jugendlichen zu erweitern und ihnen die Möglichkeit zu geben, auch außerhalb des Leistungssports Erfahrungen im ‚echten Leben‘ zu sammeln“, sagt Mutschler und verweist auf die Initiativen, die die Mitarbeiter des VfB Stuttgart ergreifen, um den jungen Talenten mehr als nur Fußball beizubringen.

Um allen Jugendspielern eine optimale Betreuung zu ermöglichen, hat der VfB Stuttgart im Sommer 2009 das VfB-Teilzeitinternat eingerichtet. Die Jugendlichen verbringen den Nachmittag im VfB Clubzentrum, um ihre Hausaufgaben zu erledigen und sich auf eventuelle Aufgaben und Prüfungen vorzubereiten. In einem eigens eingerichteten Ruheraum können die Spieler zudem entspannen, Musik hören, essen und trinken oder schlafen. Im Schuljahr 2017/2018 hat der VfB zudem gemeinsam mit einer lokalen Schule den VfB Campus ins Leben gerufen, in dem Jugendspieler nun dreimal wöchentlich von hochqualifizierten Lehrern in den vom Fußballverein zur Verfügung gestellten Räumen unterrichtet werden. „Nur 1,5 Prozent aller Talente schaffen es in der Bundesliga bis ins Profilager“, sagt Mutschler. „Umso wichtiger ist es für uns, allen Jugendlichen eine fundierte schulische Ausbildung zu ermöglichen und sie durch Weiterbildungen auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten“.

Rund 70 VfB-Jugendspieler besuchen eine der drei vom DFB ausgezeichneten Eliteschulen des Fußballs im Großraum Stuttgart sowie die VfB-Partnerschule und erhalten dort eine auf ihre Trainingsanforderungen zugeschnittene Ausbildung. Darüber hinaus stehen im Teilzeitinternat werktäglich bis zu sieben Lehrer zur Verfügung, die die Schüler intensiv betreuen. „Sportliche und schulische Anforderungen werden ideal aufeinander abgestimmt“, sagt Mutschler. „So erreichen wir bei unseren Jugendlichen einen Schulabschluss von 98 Prozent, von denen mehr als 75 Prozent die Fachhochschul- oder Hochschulreife haben.“ 2019 geht der VfB in seinem Engagement für eine gute Ausbildung seiner Fußballtalente noch einen Schritt weiter und führt mit der VfB Stuttgart Akademie ein Hochschulstudium ein. Diese zeigt den Talenten eine Welt nach der Schule und neben oder ohne Profifußball. Schließlich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Fußballtalente nach so vielen Stunden auf dem Platz als Schüler eine hochwertige universitäre Ausbildung genießen.

Der Verein legt auf die schulische Ausbildung ebenso viel Wert wie auf die sportliche und persönliche Entwicklung seiner Spieler. An spielfreien Wochenenden dürfen die jungen Talente nach Hause zu ihren Familien fahren. Denn das Gefühl der familiären Geborgenheit und die optimale Unterstützung in allen Lebensbereichen sind die beiden wichtigsten Bausteine des Erfolgs. „Die jungen Leute aus unserem Internat fahren regelmäßig nach Hause, was von uns auch finanziell unterstützt wird. Außerdem kommen die Eltern regelmäßig zum Training und zu den Spielen. Außerdem haben die Jugendlichen Schulferien und Pausen, die auf das Training und die Spiele abgestimmt sind“, sagt Mutschler.

Der Schritt von der Jugend in die Profimannschaft ist nicht einfach. Es ist ein echter Schritt nach oben, und nur sehr wenige Talente schaffen den Sprung in die Bundesligamannschaft. „Im sogenannten Ãœbergangsbereich [der Ãœbergang zwischen Jugendakademie und Profimannschaft, meist um die U19 – U21] nehmen unsere besten Jugendlichen regelmäßig an Trainingsmaßnahmen der Profimannschaft teil. Darüber hinaus werden individuelle Trainingsmaßnahmen durchgeführt“, erklärt Mutschler. Neben der Heranführung an das sportliche Niveau müssen die jungen Spieler auch lernen, sich von der vertrauten und sicheren Umgebung der Jugendakademie zu lösen. Ist die Profimannschaft erst einmal erreicht, stehen die Talente als Vorbilder ständig im Rampenlicht, und jeder Fehltritt in ihrem Leben wird analysiert. Damit die Talente unter diesem immensen neuen Druck nicht zusammenbrechen, stellt der VfB sicher, dass Psychologen und Therapeuten den Spielern jederzeit zur Verfügung stehen. Die Spieler werden von der VfB-Jugendakademie bis zum Schritt in die Bundesliga-Profimannschaft begleitet und haben auch dann immer ein großes Netz an Profis, auf das sie zurückgreifen können.

Wenn man sich diese Jugendakademie anschaut, kann man nur erahnen, wie viele Jahre es gedauert hat und vor allem wie viel Geld fließen musste, um dieses Niveau an Professionalität und Leidenschaft in die Jugendakademien der Bundesliga zu bekommen. Es ist wichtig zu erkennen, dass es in den letzten 18 Jahren kaum Probleme mit Regelverstößen der Vereine gab: Sie halten alle zusammen und wollen ihren jungen Talenten die besten Chancen geben, mit oder ohne Profifußball. Mit motivierten Köpfen wie Rainer Mutschler kann dieses Programm noch viele Jahre lang große Talente hervorbringen, die mehr als nur Fußball verstehen. Die großen Fußballligen der Welt können sich ein Beispiel an Deutschland nehmen und in ihre eigenen Jugendakademien investieren. Klug investiertes Geld ist nicht verschwendet, und was ist eine sinnvollere Investition als unsere Jugend, die Zukunft.

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Football Engineering für die Welt

Football Engineering für die Welt

Fußball-Kompetenz – exportiert direkt aus Baden-Württemberg

Von Hans Gäng | Edit Luca Wodtke.

Globale Trends genau beobachten, Menschen für Neues motivieren, internationale Talente einbinden – Fußballtrainer aus Baden-Württemberg stehen vor den gleichen Herausforderungen wie Unternehmen im Bundesland. Trainer von hier waren und sind international orientierte, innovative Ingenieure des Sports.

Die Fußballausbildung „made in Baden-Württemberg“ beginnt in Mannheim. Die Industriestadt war die erste Heimat des Sports. Aus dem Arbeitervorort Waldhof stammt der erste deutsche Weltmeistertrainer: der legendäre Sepp Herberger. Sein Co-Trainer Albert Sing kommt aus der württembergischen Industriestadt Eislingen.

In und um Mannheim wächst die Granitgarde des deutschen Abwehrfußballs heran: Uli Stielike, Jürgen Kohler, die Brüder Bernd und Karl-Heinz Förster. Allesamt eigensinnig, taktisch diszipliniert und von hoher Intelligenz im direkten Duell – lange Zeit der Schrecken der Gary Lineker’s dieser Welt. 

Mannheimer Trainer nutzten dieses Spielermaterial und fanden im Ausland Anerkennung. Gernot Rohr war ein erfolgreicher Spieler in Bordeaux. Als Trainer entwickelte er den jungen Bixente Lizarazu und Zinedine Zidane zu einer Weltklassemannschaft. Klaus „Schlappi“ Schlappner, Trainer von Waldhof Mannheim, baute 1992 als Nationaltrainer und Berater den chinesischen Fußball mit auf und half, eine Profiliga im Iran zu etablieren.

Nach seiner großen Spielerkarriere bei Borussia Mönchengladbach und Real Madrid wurde Uli Stielike erster Trainer bei Waldhof und war Trainer der Schweizer Nationalmannschaft. Später trainierte Stielike die Elfenbeinküste – und von 2014 bis 2018 bereitete er als Trainer von Südkorea das Ausscheiden der deutschen „Mannschaft“ bei der WM in Russland gründlich vor.

Damit endete eine glorreiche Epoche des Offensivfußballs, die der Stuttgarter Bäckersjunge Klinsmann mit seinem kalifornischen Geist bei der WM 2006 in die deutsche Nationalmannschaft brachte. Die Baden-Württemberger waren mächtig stolz auf ihn und seinen Co-Trainer, den Südbadener Joachim „Jogi“ Löw.

Zwei Dinge haben den baden-württembergischen Fußball schon immer geprägt. Erstens: die scharfe regionale Rivalität der badischen Vereine aus Mannheim, Freiburg, Karlsruhe und Hoffenheim mit dem schwäbischen Club aus der Landeshauptstadt, dem VfB Stuttgart. Und zweitens: der ewige und unerfüllte Traum des VfB vom erfolgreichen Vorwärtsfußball. 

Der Karlsruher SC lieferte den Bayern gerne seine besten Talente über die A8 – vorbei an Stuttgart. Trainer Winfried Schäfer aus Ettlingen entdeckte die wilden Oliver Kahn und Mehmet Scholl. Später wurde Schäfer 2002 Nationaltrainer von Kamerun und gewann die Afrikameisterschaft. Er war als Vereinstrainer in den Emiraten tätig, trainierte dann die Nationalmannschaften von Thailand und Jamaika

Die vielleicht beste VfB-Mannschaft gründete sich 1984 auf eine starke Abwehr. Die Gegner brachten die jungen Spieler Guido Buchwald, Günther Schäfer und die Mannheimer Förster-Brüder zur Verzweiflung. Ohne den ordentlichen, ruhigen Weltmeister Guido „Diego“ Buchwald hätte Stuttgart 1992 wohl kaum die Meisterschaft gewonnen. Als Trainer brachte Buchwald den Urawa Red Diamonds im fernen Japan bei, wie man klugen, defensiven Fußball spielt.

Fast in Vergessenheit geraten, wurde der ewige Stuttgarter Traum vom fliegenden Stürmerfußball endlich wahr, als Vereinstrainer Joachim Löw das „magische Dreieck“ des VfB formte: Giovane Elber, Fredi Bobic und Krasimir Balakov. Später, nach vielen Trainerwechseln, träumte man in der Stadt davon, dass die „jungen Wilden“, die Manchester United geknackt hatten, sich dauerhaft an der Spitze der Bundesliga etablieren könnten. Doch schon bald nach der Meisterschaft 2007 folgten Abstieg und Wiederaufstieg.

Als letzter in einer Phalanx von Trainern versuchte der in Stuttgart geborene Türke Tayfun Korkut, das Hauptproblem des VfB Stuttgart zu beheben: die Abwehr. Der ehemalige Nationalspieler der Türkei begann seine internationale Spielerkarriere in Ruit und bei den Stuttgarter Kickers. Außerdem arbeitete er als Assistenztrainer für die türkische Nationalmannschaft. Doch wie immer musste er gehen, weil er den Traum vom Vorwärtsfußball nicht erfüllte. 

Westlich des Schwarzwalds hat ein Trainer gezeigt, dass Erfolg auch etwas mit Bescheidenheit und Kontinuität zu tun hat. Während der VfB Stuttgart seit 1991 27 Trainer zerstört hat, saßen beim SC Freiburg im gleichen Zeitraum nur vier Trainer auf der Bank. Einer von diesen vier war Volker Finke. Über 15 Jahre holte Volker Finke aus dem, was beim kleinen SC Freiburg finanziell möglich war, das Maximum heraus. Seine Markenzeichen: ein Ohrwurm, gut organisierter Individualismus als Strategie und demonstrative Abgeklärtheit.

Sein Nachfolger Christian Streich ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Lokalmatador: Mit seinem starken alemannischen Dialekt und seiner Leidenschaft verkörpert er den regionalen Geist der Eigenständigkeit – auch abseits des Platzes ist Streich ein selbstbewusster Bürger.

Im Westen, an der Autobahn zwischen Stuttgart und Mannheim, ereignete sich vor einigen Jahren ein kleines Fußballwunder: der Aufstieg der TSG 1899 Hoffenheim zu einem Spitzenverein der Bundesliga. SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp, selbst einst Spieler, programmierte den Verein mit zwei Dingen auf Erfolg: der Investition in eine europaweit beachtete Jugendarbeit und einem Trainer namens Ralf Rangnick.

Pep hier, Guardiola da: Rangnick kann als einer der Erfinder des modernen europäischen Systemfußballs gelten. Der „Professor“ aus Backnang hatte schon immer eine Vorliebe für ausgefeilte Kreidezeichnungen. Mit dem SSV Ulm schaffte er den Aufstieg von der dritten in die erste Liga. Auch mit Hoffenheim, RB Salzburg und RB Leipzig realisierte Rangnick erfolgreiche Fußballexperimente: die Schaffung von Spitzenklubs aus dem Nichts.

Ãœbrigens kreuzte schon in Ulm ein sehr gelehriger Schüler Rangnicks Weg: Thomas Tuchel – heute PSG-Trainer – machte als Spieler in Rangnicks System eine glänzende Figur in der Ulmer Abwehr. Danach coachte Tuchel mehrere Jugendmannschaften des VfB Stuttgart, die die deutsche Meisterschaft gewannen. Ãœber die Stationen Mainz 05 und Borussia Dortmund wurde er dann zum Trainerstar. 

Mit Jürgen Klopp kommt ein weiterer internationaler Top-Trainer aus Baden-Württemberg. Die Balance aus heißer Leidenschaft und eiskalter Taktik machte ihn zu einer globalen Marke. Die ersten Jahre spielte der in Stuttgart geborene Klopp in kleinen Dorfvereinen im Schwarzwald.

Zu Klopp, Rangnick und Tuchel gesellen sich zwei Jungstars: Julian Nagelsmann und Domenico Tedesco. Mit gerade einmal 25 Jahren begann Nagelsmann seine erfolgreiche Trainerkarriere in Hoffenheim. Bald wurde er von den Top-Klubs in ganz Europa umworben. Er hat sich für Ralf Rangnick in Leipzig entschieden, wo er in der nächsten Saison deren durchdachte Pläne umsetzen will.

Und der Traditionsverein Schalke wird von Domenico Tedesco, einem schwäbischen Italiener, trainiert. Der Sohn kalabrischer Einwanderer wuchs in Esslingen auf und hat zudem einen Master in Innovationsmanagement. 

Die Champions League 2018/19 ist spannend, denn nun spielen fünf Fußballingenieure mit baden-württembergischem Hintergrund gegeneinander. Wessen Blaupause ist die beste für den Erfolg?

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